Mittwoch, 29. September 2010

Wieviel Kilometer waren es denn nun?

Jetzt bin ich seit 11 Tagen zuhause und immer noch fehlt die Abschluss-Statistik! Das hatte ich eigentlich auch nicht so erwartet, aber die Nachbearbeitung des gesammelten Materials (Fotos, Videos, Trackdaten) ist doch viel aufwändiger als gedacht. So ein GPS-Empfänger zeichnet einfach alles auf, auch wenn man es gar nicht haben will. Wenn man ihn z. B. in ein Restaurant mitnimmt, dann ist der Empfang dort schlecht und die gemessene Position springt hin und her. So erhöht sich die gemessene Kilometerzahl während eines Mittagessens mal so eben um einen halben Kilometer, obwohl man sich gar nicht bewegt hat. Ebenso unterscheidet das Gerät natürlich nicht zwischen einem Stadtrundgang zu Fuß und der eigentlichen Radtour. All diese Probleme habe ich für jeden einzelnen Tag bearbeitet, z. B.: „Wieso ist hier eine Schleife? Ach ja, da ist mir der Handschuh runtergefallen und ich bin mit dem Fahrrad zurückgefahren. Bleibt drin!“

Nachdem nun alles bereinigt war, wollte ich die Gesamtstrecke per Programm ermitteln lassen. Dass es etwas weniger werden würde als die Summe der Kilometer-Angaben in den Überschriften (9463 km) war klar, aber zu meiner Überraschung lieferten 3 Programme (Trackmaker, GPSies.com, GTA) gleich 3 ziemlich unterschiedliche Ergebnisse (9388 km, 9355 km, 9365 km). Einige Ursachen konnte ich ermitteln: Unterschiedliche Berücksichtigung der Höhe, interne Rechengenauigkeit, Anwendung einer UTM-Projektion vor der Ermittlung der Entfernung. Dass das auf die Gesamtstrecke aber ca. 20 km Differenz ausmacht, hätte ich nicht erwartet. Da ich die weitere Auswertung mit GTA gemacht habe, lautet meine Antwort auf die Titelfrage jetzt einfach: 9365 km.

Was ist in den 11 Tagen sonst passiert? Das Sichtbarste ist sicher, dass ich schon nach 2 Tagen zum Frisör gegangen bin.
Ich habe die Blog-Einträge der ersten 3 Wochen und auch einige spätere um Fotos ergänzt und auch ein paar Videos hinzugefügt:
Dörte in der Barentsee (4MB)
Dummes Rentier (5 MB)
Wasserfall (4 MB)
Schiefe Ebene (17 MB) und Maschinenhaus (5 MB) am oberländischen Kanal
Außerdem gibt es jetzt einige Videos von der Zieleinfahrt im letzten Blog-Eintrag.

Wo es Sinn macht, habe ich eine Landkarte mit der Strecke hinzugefügt. Die Strecken sind bei GPSies.com hinterlegt. Bei den Kilometer-Angaben ist zu berücksichtigen, dass die Fährfahrten in Dänemark/Schweden nicht rausgerechnet wurden. Warum die Kilometer-Angaben auf der Karte geringer sind als in der Titelzeile, habe ich oben ja schon erklärt.

Die Statistik findet Ihr am Ende dieses Eintrages. Vorher möchte ich nämlich noch einmal all denen meinen Dank aussprechen, die zum Gelingen dieser tollen Tour beigetragen haben. Und das sind ganz schön viele! Ich versuche es einmal in zeitlicher Reihenfolge und hoffe, dass ich niemanden vergessen habe. Sonst bitte melden!
  • Mein Arbeitgeber Techniker Krankenkasse hat vor 4 Jahren mit dem Lebensarbeitszeittarifvertrag das Ganze erst möglich gemacht. Mein Chef hat es vor einem Jahr genehmigt und meine Mitarbeiter haben mich während meiner Abwesenheit vertreten.
  • JR2Hus von Gräber Räder hat im letzten Dezember mein Fahrrad flottgemacht und es hat bis auf Kleinigkeiten super gehalten. Nach dem Sattelbruch bekam ich gleich einen neuen Sattel gesponsort.
  • Die Familie Ohlenbusch hat mir eine dänische SIM-Karte besorgt.
  • Bei Birgit und Klaus konnte ich die ersten beiden Nächte übernachten. Klaus hat mich auch einen halben Tag auf dem Fahrrad begleitet.
  • Paul ist mit dem Auto bis Flensburg mitgefahren, um mir moralische Unterstützung zu geben.
  • Jana und Beke haben nicht nur den Webseiten-Support von zuhause erledigt, sondern waren auch Ansprechpartner für alle unvorhergesehenen Probleme (z. B. Reifen und Sattel besorgen).
  • Dörte hat mich zunächst 6 Wochen und dann noch einmal 2 Wochen begleitet. Dass die dabei erlittenen Qualen (vor allem Kälte, Mücken und anstrengende Wanderungen) unsere Ehe nicht belasten, ist einen besonderen Dank wert!
  • Irma und Dirk haben zusammen mit Beke das Haus gehütet und den Garten in Ordnung gehalten.
  • Jörg und André haben mich auf dem Fahrrad begleitet. Wir sind zwar meistens nicht zusammen gefahren, aber es war schön, Euch jeden Abend wiederzutreffen!
  • Das Ehepaar Nitzer hat sich mit uns am Nordkap getroffen und damit dem nördlichsten Punkt der Reise einen zusätzlichen Glanz gegeben.
  • Antje hat mich ab Rovaniemi für 5 Wochen begleitet. Es ist sehr lange her, dass ich einmal so lange mit meiner Schwester zusammen war und wir haben uns gut verstanden. Das kaksi hengen mökit in Seinäjoki werde ich nie vergessen!
  • Anne (AKirsche) hat mir Tips zu Oulu gegeben und die Go-Spieler aus Oulu haben ein sehr schönes Turnier organisiert. Nur meinetwegen mussten sie alle Ansagen auf Englisch machen. Hier bin ich auch zum ersten Mal in meinem Leben in die Sauna gegangen.
  • Eva und Ingo haben mein Russlandvisum mit nach Tampere gebracht und wir haben uns dort gegenseitig mit dem Gepäck geholfen. Als wir endlich wussten, wie wir die Fenster aufbekamen, war es im Hotel bei der Hitze auch erträglich!
  • Die Kongress-Organisatoren haben einen Super-Kongress veranstaltet. Dass ich so schlecht Go spielte, dafür konnten sie ja nichts!
  • Jana hat mich nach dem Go-Kongress eine Woche im Auto begleitet. Am meisten Spaß hat Ihr die rasante Fahrt über Feldwege nahe der russischen Grenze bereitet. Ob es daran lag, dass wir jetzt beim TÜV die Spurstangen tauschen mussten?
  • Burghard und Angelika haben uns auf dem Zeltplatz in Hämeenlinna besucht, das war eine tolle Überraschung!
  • Sinikka und Matti waren so etwas wie die Drehscheibe der gesamten Tour. Dörte hat dort auf dem ersten Rückweg nach Hause übernachtet, Jana und ich nach dem Kongress. Wir haben jeweils eine tolle Stadtführung bekommen. Jana hat später das Auto dort für eine Woche geparkt und Dörte hat es wieder abgeholt. Sinikka ist dann sogar mit nach Tallinn gekommen, um uns auch diese Stadt zu zeigen.
  • Ulrike hat mir Tips für Lappeenranta gegeben. Leider haben wir ihre Tanten dort nicht angetroffen.
  • Die Fernradfahrer von europaradtour.de haben mir wertvolle Tips für Russland gegeben.
  • Daniil hat mit mir eine schöne Wassertaxi-Tour durch St. Petersburg gemacht. Auf dem Go-Abend traf ich dann zusätzlich Sascha und Maxim bei einer Teezeremonie.
  • Sabine und Jo haben mir mit ihren Tracks bei der Weichselmündung mehr geholfen, als sie das wohl selbst erwartet hätten.
  • Aleksandra und andere Go-Spieler aus Danzig haben sich mit mir getroffen. Es wurde ein sehr netter (und langer) Abend!
  • In Reinbek wartete ein Empfangskomitee auf mich, das mir einen tollen Zieleinlauf bescherte, den ich nie vergessen werde!
  • Während der ganzen Reise habe ich moralische Unterstützung per E-Mail oder Kommentar durch die Leser des Blogs erfahren. Genau deshalb hat das Blog-Schreiben auch Spaß gemacht!
Ich habe selbst auch eine ganze Reihe von Blogs verfolgt, deren Adressen man oben rechts auf der Webseite finden kann. Die meisten Radfahrer sind inzwischen wieder zuhause, aber Hike Faster und Hélène und Brian sind noch unterwegs. Ich wünsche Ihnen von hier weiterhin eine gute Reise!

Und jetzt sage ich Tschüss, denn dies ist der letzte Blog-Eintrag! Wer mag, kann ja noch ein wenig in den Zahlen unten lesen!

Jan


Statistik

Länder
LandEtappen-
/ Ruhe-
tage (*)
kmkm je
Etappe
Std.
unter-
wegs
Std.
in
Fahrt
Schnitt
km/h
Gesamt95.0/34936598.6777.70587.6515.94
Deutschland6.1/1687113.362.1348.2014.26
Dänemark3.2/1396124.835.3827.7314.29
Schweden24.7/12580104.3228.04173.4214.88
Finnland27.9/25252290.3197.27151.4316.66
Norwegen9.5/172275.860.2444.8316.10
Russland5.9/156795.841.3431.9717.73
Estland5.5/1672122.553.3337.9917.70
Lettland4.4/1474107.035.5524.3619.44
Litauen2.2/011050.48.066.3717.34
Polen5.5/2634114.456.3641.3515.32
(*) Etappentage wurden bei Grenzübergängen nach gefahrenen Kilometern aufgeteilt.

Strecke
Längste Etappe:173 km(Narva – Võsu)
Kürzeste Etappe:30 km(Skarsvåg – Nordkap – Skarsvåg)
Höchster Punkt der Reise:718 m(Ylläs)
Höchster Punkt mit dem Fahrrad:483 m(zwischen Åsele und Lycksele)
Tiefster Punkt:-212 m(Nordkaptunnel)
Höchster Durchschnitt ohne Pausen:20.64 km/h(Pāvilosta-Palanga)
Niedrigster Durchschnitt ohne Pausen:11.16 km/h(Sandvik – Stockholm)
Höchste Einzelgeschwindigkeit:54.08 km/h(Nordkap-Etappe)
Etappen mit großem Gepäck:39
Etappen mit kleinem Gepäck:46
Tunnel durchfahren:10(Gesamtlänge ca. 30 km,
alle nahe am Nordkap)
Fährfahrten:13(darunter 3 Seefähren)
Abweichungen zur Planung:8(siehe Karte mit Erläuterungen)
Mit dem Auto zurückgelegte Strecke:8795 km

Übernachtungen
Im Zelt:20
Im Auto:34
Bei Freunden:4
In Hotel/Zimmer/Hütte ohne eigenes WC:25
In Hotel/Zimmer/Hütte mit eigenem WC:45

Begleitung
Durch Dörte allein:28 Etappen
Durch Dörte und Antje:3 Etappen
Durch Antje allein:10 Etappen
Durch Jana:5 Etappen

SIM-Karten
LandAnzahl
Gesamt21
Deutschland1neue Karte für den USB-Stick
Dänemark1für Jan, vorher in DK besorgt
Schweden2für Jan und Dörte
Finnland4für Jan, Dörte, Netbook und Antje
Norwegen3für Jan, Dörte und Netbook
Russland1für Jan
Estland3für Jan, Dörte und Netbook
Lettland3für Jan, Dörte und Netbook
Litauen1fürs Netbook, wir telefonierten mit den lettischen Karten
Polen2für Jan und Netbook

Geocaching
Traditional:151
Multi:5
Earth:4
Webcam:1
Virtual:1
Gesamt:162
Ich konnte mein Ziel, jeden Tag mindestens einen Cache zu finden, erreichen. Bei "Löchern" in der Cache-Landkarte mit einem Radius von bis zu 80 km erforderte das einiges an Planung und Glück.

Sonstiges
Aufgenommene Fotos:1527
Aufgenommene Videos:7
Besuchte Go-Turniere:2(Oulu, Tampere)
Besuchte Go-Klubs:3(Flensburg, St. Petersburg, Danzig)

Fahrrad
  • Kette, Ritzelsatz und das mittlere vordere Ritzel habe ich nach ca. 7500 km in Tallinn tauschen lassen. Das ist normaler Verschleiß.
  • Der Sattel ist mir nach ca. 7500 km gebrochen und ich bekam schnell Ersatz. Dass der zweite Sattel nach ca. 3000 km nur 2 Tage nach der Ankunft in Reinbek auf gleiche Weise gebrochen ist, finde ich merkwürdig.
  • Ansonsten ist ein Flaschenhalter gebrochen, den ich nicht ersetzt habe.
  • Die Anzahl der Plattfüße habe ich irgendwann nicht mehr gezählt, aber sie ist zweistellig und damit zu hoch.
Ich fahre übrigens immer noch mit dem ersten Satz Bremsgummis (ich bin mit mehreren Ersatzpaaren losgefahren) und es gab keinen Speichenbruch. Alles in allem bin ich sehr zufrieden, denn es ist nichts Ernsthaftes kaputtgegangen.

Unglücksfälle
  • 2 Stürze vom Rad (Riga, Nida)
  • 2 heruntergefallene Brillen mit Glasbruch (Vaasa, Nida)
  • 1 geklauter Fotoapparat (Riga)
  • Netbook bootet nicht mehr (Kalajoki)
Pleiten
  • Das bei Conrad gekaufte Alarmschloss ging bereits nach einer Woche kaputt, indem ein Teil abfiel, das ich nicht wiederfinden konnte. Nach dem Entfernen der Batterie habe ich es als normales Schloss benutzt, bis meine Schwester einmal beim Testen, ob es eingeschnappt war, mit mäßiger Kraft den Mechanismus ohne Schlüssel aufbekam. Ab dann blieb nur noch die psychologische Wirkung der Beschriftung „Bike Alarm“ übrig …
  • Die Marathonreifen haben nicht das gehalten, was ich mir von ihnen versprochen hatte. Von der Laufleistung her ist das Profil gut, aber wenn man einmal unglücklich durch eine Scherbe gefahren ist, ist der Reifen hin.
  • Für die Stromversorgung des Mobiltelefons hatte ich ein USB-Ladekabel mitgenommen, dass ich an den USB-Anschluss meines Fahrrad-Ladegerätes anschließen wollte. Das hatte ich nicht getestet und es lief nicht gut. Das Telefon schaltet automatisch auf einen Schon-Lademodus, der meine teuer mit dem Nabendynamo erstrampelte Energie nur so verschwendet. Ein Laden im ausgeschalteten Zustand hat besser funktioniert, war aber auch nicht optimal. Vermutlich hat das Netzladegerät eine andere Spannung als 5 V.
  • Das Bloggen wollte ich ursprünglich per E-Mail vom Handy machen. In Dänemark habe ich festgestellt, dass es dabei eine merkwürdige Begrenzung auf ca. 1000 Zeichen gibt. Mit der schwedischen SIM-Karte funktionierten dann weder Operamini noch der E-Mail-Client. Später war das von Land zu Land unterschiedlich – mal ging es und mal ging es nicht. Das Bloggen per E-Mail funktionierte aber schon in Kopenhagen nicht mehr, weil blogger.com mit einem neuen Filter meine E-Mail vom Handy als potentiellen Spam zurückwies.

Freitag, 17. September 2010

Tag 129: Dassow-Reinbek, 87 km

Heute früh war es sehr frisch. Ich bin das erste Mal seit mehr als zwei Monaten wieder mit langen Hosen gefahren. Es blieb aber meistens trocken und manchmal kam sogar die Sonne durch. Um 15:20 Uhr war es geschafft: In Stellau habe ich den Hinweg wieder getroffen und die Ostsee damit einmal umrundet!
Bei Dörtes Cousine Ute habe ich 6 Kilometer vor dem Ziel in Glinde Tee und Kuchen bekommen und konnte so die Zeit bis zur geplanten Ankunft gemütlich abwarten. Exakt um 17:00 Uhr bin ich im Gergenbusch über die Ziellinie gefahren. Es war wirklich eine Ziellinie und mehr als 25 Leute haben mit Gladiolen Spalier gestanden und mich mit Blütenblättern beworfen. Das war wirklich ein großartiger Empfang durch Nachbarn, Kollegen, Geocacher und sonstige Freunde!
Mein Kollege Karl-Heinz hat von der Ankunft ein paar Eindrücke per Video festgehalten:
Das Empfangskomitee (5 MB) oder in HD bei youtube
Der Zieleinlauf (19 MB) oder in HD bei youtube
Der Begrüßungsparcours (7 MB) oder in HD bei youtube
Erste Review-Gespräche (7 MB) oder in HD bei youtube
Probefahrt des nächsten Kandidaten (4 MB) oder in HD bei youtube

Dörte und Beke hatten reichlich zu Essen vorbereitet und wir haben noch lange meine Rückkehr gefeiert. Auf einem Gabentisch fand ich viele Präsente vor, was mich sehr gefreut hat. Auch im weiteren Verlauf des Abends kamen noch viele Freunde vorbei, um mir zu gratulieren.
Die Reise ist nun vorbei und dieses ist fast der letzte Blog-Eintrag. In den nächsten Tagen werde ich noch ein bisschen Abschluss-Statistik hinzufügen und vielleicht die Blog-Einträge der ersten Wochen mit ein paar Bildern illustrieren. Wenn ich ganz viel Zeit habe (und eigentlich habe ich die, denn ich muss erst Mitte Oktober wieder arbeiten), werde ich die Etappen noch mit den Tracks versehen.

Jetzt sage ich erst einmal danke an alle, die zu dem guten Gelingen beigetragen haben! Und auch danke an alle Leser, die mich mit ihren Kommentaren, E-Mails und SMS moralisch unterstützt haben!

Donnerstag, 16. September 2010

Tag 128: Rostock-Dassow, 134 km

Heute kam der Wind wieder von vorn, aber er war nicht mehr ganz so stark. Ich kam also etwas besser voran als gestern. Als ich durch Heiligendamm fuhr, hatte ich das Glück, dass gerade die Schmalspurbahn "Molli" vorbei kam.
Der Weg bis Kühlungborn war ab 9:30 Uhr sehr stark von Radfahrern befahren. Für einen gemeinsamen Rad- und Fußweg mit Gegenverkehr war er ein wenig schmal. In der Hochsaison muss es sehr stressig sein, hier längs zu radeln.

Zwischen Rerik und Wismar habe ich den Wind am stärksten gespürt. Eigentlich wollte ich von der Anhöhe nur den Ausblick auf das Salzhaff, die Halbinsel Wustrow und die dahinterliegende Ostsee fotografieren. An der Birke im Vordergrund kann man aber auch sehr gut sehen, wie stark der Wind war.
In Wismar habe ich am Hafen zu Mittag gegessen. Die Innenstadt habe ich mir nicht angesehen, aber ich bin an einer bemerkenswerten Badeanstalt vorbeigekommen.
Hinter Wismar habe ich die drei Radfahrer aus Duisburg wiedergetroffen, mit denen ich in Stralsund in derselben Unterkunft gelandet bin. Wir sind ein paar Kilometer zusammen geradelt und haben uns in Boltenhagen aus den Augen verloren.

In Groß Schwansee habe ich die Küste verlassen und den Weg Richtung Reinbek eingeschlagen. Mit etwas Überwindung habe ich mich von der Ostsee mit einem Bad verabschiedet. 10 Schwimmzüge waren aber auch genug, denn das Wasser war schon ziemlich kalt.
Mit Einbruch der Dunkelheit habe ich die vorgebuchte Pension erreicht. Statt eines Zimmers erwartete mich eine komplette Ferienwohnung - sehr angenehm! Morgen habe ich noch knapp 90 Kilometer zu radeln und dann bin ich zuhause!

Mittwoch, 15. September 2010

Tag 127: Stralsund-Rostock, 130 km

Der Sturm weht mir mit Stärke 6 entgegen und ich komme kaum voran. Das Navi sagt mir: "Noch 115 Kilometer!" Und ich weiß aus Erfahrung, dass ich da noch einmal gut 10 % draufschlagen muss! So ist es mir heute ergangen und ich musste mir Mühe geben, etwas Positives daran zu finden. Zum Beispiel: Wenn der Wind genau von vorne kommt, dann weht er Dich nicht vom Deich. Oder: So ein Sturm passt in diese tolle Landschaft und gibt erst das richtige Ostsee-Feeling.

Landschaftlich war das nämlich heute eine sehr schöne Strecke, aber eben auch sehr anstrengend. Den Abschnitt bis Barth hatte ich bei meiner Ostseetour 2002 abgekürzt und so den wunderschönen Radweg direkt am Haff verpasst. Der Radweg von Barth nach Zingst über die große Boddenbrücke ist inzwischen gut ausgebaut. 2002 musste ich noch zum Teil die Straße benutzen.
Weiter ging es meist auf sehr schmalen Wegen durch eine Kette von Seebädern. In Graal-Müritz wurde eine Wassertemperatur von 15 Grad angezeigt und ich überlege noch, ob ich mich morgen von der Ostsee zünftig mit einem Bad verabschieden soll.
In Rostock übernachte ich preisgünstig in einem Gästehaus mit sozialistischem Plattenbau-Charme. Ich bin dann mit der Straßenbahn in die Innenstadt gefahren, um den Go-Club zu besuchen. Ich war aber zu spät dran, denn die zwei Go-Spieler waren um 21:30 Uhr schon gegangen. So blogge ich jetzt von hier und esse eine Curry-Wurst.

Dienstag, 14. September 2010

Tag 126: Stralsund, Sightseeing

Der Tag begann regnerisch und ich war ganz froh, dass ich heute früh nicht aufs Fahrrad musste. Zuerst einmal habe ich mich in der Altstadt orientiert, die einen alten und einen neuen Markt hat. An beiden stehen mächtige Kirchen, die im 14. Jahrhundert fertig gestellt wurden. Im selben Jahrhundert sind auch die beiden Ortskerne zu einem verschmolzen.

Die Nikolai-Kirche am alten Markt hat mir sehr gut gefallen. Man versucht dort im Innenraum die Farbgestaltung aus dem 14. Jahrhundert wiederherzustellen und das wirkt sehr fröhlich. Es befindet sich auch eine der ältesten astronomischen Uhren Europas dort. Beim Rathaus direkt nebenan, das von außen vor allem durch seine Schaufassade beeindruckt, habe ich mir den Renaissance-Innenhof angesehen.
Ich habe es dann sehr ruhig angehen lassen und mich in ein Café gesetzt, um Zeitung zu lesen. Seit 4 Monaten war das die erste Zeitung, bei der ich alles verstehen konnte. Ein Genuss!

Danach habe ich mit einem Mini-Zug eine Stadtrundfahrt gemacht. Hier gibt es Backstein-Gotik pur, man kann die Gebäude gar nicht alle aufzählen. Bei dieser Fahrt wurde mir auch erst klar, wie nahe die Altstadt am Hafen liegt. Dort liegt übrigens eine "Gorch Fock I", was mich sofort an Kiel erinnert hat.
Zum Schluss habe ich das Deutsche Meeresmuseum besucht. Es ist im ehemaligen Katharinen-Kloster untergebracht, das schon seit der Reformation nicht mehr für kirchliche Zwecke genutzt wurde. Im Kirchenschiff sind drei Ausstellungsebenen übereinander eingebaut und im ehemaligen Klosterhof befindet sich das Aquarium.

Gleich werde ich mir noch eine Kneipe suchen, in der ich das Werder-Spiel ansehen kann.

Montag, 13. September 2010

Tag 125: Świnoujście-Stralsund, 139 km

Heute bin ich wieder früh aufgestanden und habe als Erstes das Zelt abgebaut. Es war bewölkt und ich konnte es gerade noch vor dem Regen einpacken. Eigentlich wollte ich dann noch auf dem Zeltplatz frühstücken, aber ich bin doch lieber vor den Mücken geflüchtet. Außerdem fing der Nieselregen an, der immer stärker wurde und erst gegen Mittag aufhörte.

Nach nur zwei Kilometern erreichte ich die Grenze. Es war der vierzehnte und letzte Grenzübergang meiner Reise und hier waren nicht einmal Schilder zu sehen. Man sah nur die Schneise, in der die Grenze verläuft.
Durch die Kaiserbäder bin ich im strömenden Regen gefahren und habe kaum etwas davon gesehen. Dann wurde es an der Steilküste etwas anstrengend, aber die Waldwege dort waren ganz gut befahrbar. Ob das wirklich 16% Steigung sind? Ich habe es ohne abzusteigen bis nach oben geschafft! In Ückeritz habe ich mir einen Ersatzschlauch gekauft und dabei den ersten Fahrradschlauch-Automaten in meinem Leben gesehen.
In Zinnowitz wollte ich in der Volksbank meine restlichen Złoty in Euro umtauschen. Zu meiner Verblüffung hat sich die Bank geweigert. Stattdessen bekam ich den Hinweis, dass man Złoty gleich in Polen lassen müsse oder für den nächsten Urlaub aufbewahren solle. Ich fand das sehr unverschämt und werde mich vielleicht noch beschweren. Wie muss das auf einen polnischen EU-Mitbürger wirken, wenn man ihm sagt, dass man 25 Kilometer hinter der Grenze sein Geld nicht mehr haben will?

Am Nachmittag kam die Sonne dann doch zum Vorschein. Dann macht das Radfahren gleich viel mehr Spaß! Sehr schön war die Einfahrt nach Greifswald, die an einer historischen Klappbrücke vorbei direkt am Fluss entlang lief und im Zentrum am Museumshafen endete.
Zwanzig Kilometer vor Stralsund habe ich drei Radfahrer getroffen, die seit gestern auch in Richtung Westen unterwegs sind. Ich bin dann in Stralsund zur Jugendherberge gefahren und sie zu einer kleinen Pension. Die Jugendherberge habe ich allerdings nicht an der Stelle gefunden, die auf der Karte eingezeichnet war und an die ich mich von meiner Wintertour im Jahre 2002 her noch erinnerte. Vor einigen Jahren ist sie vom Zentrum an den Stadtrand verlegt worden. Ich musste ein wenig rumtelefonieren, bis ich am Ende in der gleichen Pension gelandet bin wie die anderen.

Den Abend habe ich damit verbracht, die 21. SIM-Karte, die ich auf der Reise gekauft habe, zu installieren. In Deutschland ist das ziemlich umständlich und es hat von der Registrierung im Internet bis zur Aktivierung circa zwei Stunden gedauert. Solche Registrierungen habe ich nur in Schweden (dort nur für Internet-Nutzung) und in Russland erlebt. Auf der russischen SIM habe ich übrigens noch 33 Rubel Schulden. Ich bin gespannt, ob die jemals eingefordert werden!

Morgen werde ich hier einen Ruhetag einlegen, bevor es an die letzten drei Etappen geht.

Sonntag, 12. September 2010

Tag 124: Kołobrzeg-Świnoujście, 134 km

Heute bin ich früh aufgestanden, damit ich die lange Etappe auch sicher bis zum Sonnenuntergang schaffe. Der Zeitvorteil war aber schon beim Start auf die Hälfte zusammengeschmolzen, weil ich am Hinterrad mal wieder einen Schleich-Platten hatte.

Bei gutem Wetter bin ich danach flott vorangekommen. Spannend war die Fahrt nach Dźwirzyno, denn schon 12 Kilometer vorher stand ein Schild mit "Zufahrt nur bis zur Brücke möglich". Und tatsächlich fehlte die Brücke, weil sie gerade neu gebaut wird! Aber zum Glück gab es eine Behelfsbrücke für Fußgänger, die allerdings nur über Treppen erreichbar war. Ich habe es so gerade eben ohne Abladen des Gepäcks geschafft.
In Trzebiatów habe ich eine Frühstückspause gemacht und meinen Proviant aufgefüllt. Es ist ein hübsches Städtchen, das auf einem Hügel liegt und von drei Seiten von einem Fluss umgeben ist.
Weiter ging es an der Küste entlang. Die Strecke war so gerade, dass mein Navi sagte: 22 Kilometer geradeaus. Das hatte ich nicht einmal in Lappland! Wirklich geradeaus ging es natürlich nicht, weil der Weg manchmal auf der Straße und manchmal auf Waldwegen verlief. Als ich einmal unsicher war, half mir ein polnischer Bergarbeiter aus Essen, der hier sein Sommerhäuschen hat. Er hat mich sogar ein paar Kilomerter begleitet. Immer wieder habe ich auch Leuchttürme am Weg gesehen. Der Leuchtturm bei Niechorze gab ein besonders schönes Foto-Motiv.
Kurz bevor ich die Insel Wollin erreichte, habe ich in einem Restaurant zu Mittag gegessen. Ich habe mir eine doppelte Portion Piroggen bestellt: Einmal mit Fleisch und einmal auf russische Art mit Quark. Der Kellner war sehr konsequent und brachte mir zwei Teller und auch zwei Mal Besteck! Die Portionen waren lecker und sehr reichlich, aber ich habe sie geschafft und die Kalorien danach gleich wieder abtrainiert. Die Strecke bis Międzyzdroje war nämlich teilweise unbefestigt und dadurch sehr anstrengend. Im Ort selbst bin ich ein wenig umhergeirrt, bis ich endlich die Seebrücke gefunden hatte.
Den Rest bin ich dann auf der Schnellstraße gefahren, die einen angenehm breiten Seitenstreifen hatte. Die Fähre über die Swine fährt alle 20 Minuten und ich hatte gerade eine Abfahrt verpasst. Um 19 Uhr habe ich übergesetzt und mein Zelt gerade noch in der Dämmerung aufgebaut. Das Dämliche daran ist, dass dies gerade die Mückenzeit ist. Und die setzen natürlich genau dann zum Stechen an, wenn man gerade keine Hand zum Schlagen frei hat.